Ende Januar 1778 besuchten sie Salzburg, wo sie eine Akademie gaben und bei Leopold Mozart zu Gast waren, der sich seinem Sohn Wolfgang gegenüber nicht nur über Reichas Cellospiel („der Reicha ist ein ganzer Kerl“), sondern auch über ein eigenes Cellokonzert, das Reicha ihm vorspielte, lobend äußerte: „das Concert, so Reicha spielte, war von ihm, recht gut, neue Gedanken, und viel auf deinen Schlag, es gefiel auch dem [Michael] Haydn“ 6.

Über Linz fuhren Janitsch und Reicha weiter nach Wien, wo sie am 23. und 27. März auch in Akademien  der  Tonkünstler-Societät  auftraten.  Der  jüngste  Sohn  der  Kaiserin  Maria Theresia, Erzherzog Maximilian Franz (1756-1801), war so beeindruckt von Reichas Können, dass er ihn nach seiner Wahl zum Erzbischof von Köln (1784) in seine Hofkapelle nach Bonn berufen sollte.

Im Januar 1779 heiratete Reicha in Wallerstein Lucie Certelet († 14. Juni 1801) aus Metz, die Fürst Kraft Ernst wohl als Erzieherin seiner Tochter Friederike (1776-1831) – oder betraut mit ähnlichen Aufgaben – von seinem mehrmonatigen Aufenthalt in Lothringen mit nach Wallerstein gebracht hatte 7. Die Ehe blieb kinderlos. 1781 nahm Reicha den Sohn seines verstorbenen Bruders Šimon, Antonín (* 26. Februar 1770 Prag, † 28. Mai 1836 Paris), bei sich auf, der später als Antoine-Joseph Reicha als Komponist und Lehrer am Pariser Conservatoire großes Ansehen genießen sollte. Der Neffe berichtet in seiner Autobiographie, dass sein Onkel ihn „mit offenen Armen“ aufnahm. „Meines Onkels Frau, aus Metz gebürtig, sprach nur Französisch, was es uns unmöglich machte, einander zu verstehen, und mir, ihre Zuneigung zu gewinnen. Ich musste also Deutsch und Französisch lernen. Meine Muttersprache vergaß ich völlig. In Böhmen, einem Land mit musikalischer Kultur, das der Welt viele gefeierte Musiker geschenkt hat, war meine musikalische Erziehung versäumt worden; aber jetzt lernte ich, Geige, Flöte und Klavier zu spielen“ 8.

Als Fürst Kraft Ernst um 1780 sein Interesse wieder verstärkt seiner Hofmusik zuwandte, übertrug  er  Reicha  deren  musikalische  Leitung.  Die  Kapelle  stieg  rasch  zu  einer  der führenden in Süddeutschland auf, so dass Chr. Fr. D. Schubart um 1784 schwärmen konnte:

„Ja  der  dort  [d.h.  in  der  Wallersteiner  Hofkapelle]  herrschende  Ton  hat  ganz  was Originelles, ein gewisses Etwas, das aus welschem und deutschem Geschmack, mit Caprisen durchwürzt, zusammen gesetzt ist“ 9. Der Fürst, der Reicha über die Maßen schätzte, gewährte ihm zuletzt mit 750 Gulden pro Jahr das höchste Gehalt, das er jemals einem Hofmusiker zugestand.

 

6 Wilhelm A. Bauer et al. (Hrsg.): Mozart, Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 2. Kassel 1962, S.244 f.

7  Schiedermair (Anm. 2, S. 91) zitiert eine Wallersteiner Archivalie (FÖWAH), derzufolge Reichas Gattin am 14. Juli 1779 eine jährliche Summe von 75 Gulden ausgesetzt wurde, „so- lange selbige an dem Ort unseres Hoflagers sich aufhalten und zum Arbeiten für unsere gel. Tochter sich gebrauchen lassen wird“.

8   Zitiert  nach  Jacques-Gabriel  Prod’homme:  From  the  Unpublished  Autobiography  of Antoine Reicha, in: The Musical Quarterly 22 (1936), S. 341; Reichas auf französisch ge- schriebene Erinnerungen (Ms. ca. 1835; Paris, Bibliothèque de l’Opéra) wurden dort in englischer Übersetzung publiziert; die deutsche Übertragung stammt vom Autor.

9  Christian Friedrich Daniel Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst. Wien 1806, S. 166 [aufgezeichnet 1784/85].

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